Schwerpunkt beim Trips-Memorial
Die Supersportwagen von Mercedes-Benz:
Sie sind ein Hauptthema der diesjährigen Classic Days auf Schloss Dyck: Die Supersportwagen mit Stern. Das Display am Schloss Dyck umfasst 108 Jahre Kompetenz in dieser Königsklasse der Straßenfahrzeuge, hier an zwei legendären Beispielen beschrieben.
Mercedes-Benz SSK, 1928
Bei den Classic Days schon mehrfach gestartet, noch lieber gehört: Von den Sechszylinder-Kompressor-Sportwagen der Mercedes-Benz S-Reihe ist der Typ SSK die sportlichste, exklusivste und faszinierendste Ausführung. Die Modellbezeichnung steht für Super-Sport-Kurz. Gegenüber dem SS war der SSK 45 cm verkürzt. Er war für Bergrennen konstruiert, wo es wegen der engen Kurven in besonderem Maße auf Wendigkeit ankam.
Die wohl bekanntesten Wagen dieses Baumusters entstanden auf dem kurzen Fahrgestell mit 2950 mm Radstand. „SSK“ bedeutet „Supersport kurz“. Der Rennen fahrende Carlo Felice Trossi fertigte eine Skizze an, wie er sich einen aerodynamisch sinnvollen Wagen vorstellen würde. Ein englischer Karosseriebauer baute ein Fahrzeug nach dieser Zeichnung. Die Fahrzeuge wurden entweder als Fahrgestell oder als Sportzweisitzer ausgeliefert. Auch für diese Modellreihe gab es unterschiedliche Motorisierungen, die teilweise denen des Typs SS entsprechen.
Die zwei- und viersitzigen offenen Fahrzeuge wurden auf dem langen Fahrgestell mit 3400 mm Radstand aufgebaut. Von den anderen Mercedes-Benz-Modellen waren sie durch drei auf der rechten Seite des Motorraums austretende, nach unten führende Abgasschläuche zu unterscheiden.
Ihre Sechszylinder-OHV-Motoren haben einen Hubraum von 6800 cm³ und entwickeln eine Leistung von 120 PS (88 kW) bei 3000/min und einer Verdichtung von 1 : 4,7. Durch Zuschaltung des vorn angebauten Roots-Gebläses kann die Leistung kurzfristig auf 180 PS (132 kW) gesteigert werden. Die obenliegende Nockenwelle des Motors wird durch eine Königswelle angetrieben.
Zwei Steigstrom-Ringschwimmer-Vergaser versorgen den Motor mit Benzin. Jeder Zylinder ist mit 2 Zündkerzen ausgestattet (Doppelzündung), die sowohl mit der Fahrzeugbatterie als auch mit einem Zündmagneten betrieben werden. Die Fahrzeuge haben ein vollwertiges, unsynchronisiertes Vierganggetriebe mit Mittelschaltung, das die Motorkraft an die Hinterräder weiterleitet. Sie erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h.
Die Fahrzeuge haben einen Pressstahlrahmen aus U-Profilen und Starrachsen hinten und vorn, die an halbelliptischen Blattfedern aufgehängt sind. Alle vier Räder haben Seilzugbremsen.
Für zwei Jahre (1928 – 1930) war auch der höher verdichtete und leistungsstärkere Motor im kurzen Fahrgestell erhältlich. Er sorgte für eine Höchstgeschwindigkeit von 188 bis 192 km/h, je nach Hinterachsübersetzung.
Von 1927 bis 1933 wurden die Fahrzeuge des Baumusters W06 in vielen in- und ausländischen Wettbewerben eingesetzt. Einer der bekanntesten Fahrer war der Werksfahrer Rudolf Caracciola. Er gewann im Sommer 1928 damit das Gabelbachrennen und die Rennen auf den Schauinsland und den Mont Ventoux. Zahlreiche weitere Siege folgten, und Caracciola wurde in den Jahren 1930 und 1931 Europa-Bergmeister. Die letzte, gewichtsreduzierte und noch mal leistungsgesteigerte Version von 1931, die als SSKL (Super-Sport-Kurz-Leicht) bekannt ist, erzielte ebenfalls spektakuläre Erfolge. Rudolf Carraciola gewann als erster Nicht-Italiener die „Mille Miglia“ auf SSKL im April 1931.
So begründeten diese Wagen den Weltruhm der Daimler-Benz AG als Hersteller schneller Renn- und Sportfahrzeuge.
Mercedes-Benz 300 SLR Uhlenhaut Coupé, 1955
Die Coupé-Version des 300 SLR Rennsportwagens entstand 1955, um den Fahrern des Mercedes-Benz Teams bei den strapaziösen Langstreckenrennen der Saison 1956 besseren Schutz vor Wind, Regen und Staub zu bieten. Zum Renneinsatz der geschlossen Version kam es jedoch nicht mehr. Im Oktober 1955 verkündete Daimler-Benz den Ausstieg aus dem Rennsport. Das 300 SLR Coupé wurde Dienstwagen und rollendes Labor von Versuchs-Chef Rudolf Uhlenhaut. Obwohl in der Öffentlichkeit über eine Serienfertigung spekuliert wurde, blieb es bei den beiden Exemplaren der Versuchsabteilung, die heute zu den faszinierendsten Sammlungsfahrzeugen von Mercedes-Benz Classic gehören.
Das Uhlenhaut-Coupe von Mercedes war eines der faszinierendsten Straßenautos seiner Zeit. Nur zwei Exemplare wurden 1955 gebaut. Der Werkscode lautete W 196, die Modellbezeichnung Mercedes 300 SLR. Dahinter verbarg sich ein ursprünglich offener Rennwagen, der für den Straßeneinsatz mit einem Dach versehen wurde. 302 PS und 290 km/h Spitzengeschwindigkeit machten das Uhlenhaut-Coupe zum schnellsten Auto seiner Zeit.
Damals schafften Durchschnittsautos wie der VW Käfer maximal 112 km/h, ein Opel Olympia Rekord brachte es auf 120 km/h. Sogar das BMW-Topmodell 502 brachte es auf höchstens 170 km/h und der schnellste Porsche lief damals 200 km/h.
Der Mercedes 300 SLR war für die Rennsaison 1956 entwickelt worden. Nach dem tragischen Unfall bei den 24 Stunden von Le Mans mit 81 Toten hatte sich Mercedes 1955 aber mit sofortiger Wirkung aus dem Motorsport zurückgezogen. Zum Sporteinsatz kommen sie nie und Mercedes war für über 30 Jahre auf keiner Rennpiste vertreten.
Der Glückliche, der dieses Fahrzeug in weiterer Folge bewegen durfte, war einer seiner Väter: Rudolf Uhlenhaut, Leiter der Versuchsabteilung bei Mercedes. Dieser erklärte sie kurzerhand zu seinen Dienstwagen, sehr zum Ärger seiner Nachbarn, die frühmorgens durch ungedämpfte Auspuffgeräusche aus dem Schlaf gerissen wurden. So dienten dei beiden Autos, höllisch laut, dem persönlichen Transport Uhlenhaupts und Zeitzeugen meinten, kein Wunder, dass es mit dessen Gehör nicht mehr zum Besten stand.
Aber Uhlenhaut wusste die beiden 300 SLR durchaus artgerecht zu bewegen, denn er war ein begnadeter Fahrer. Bei Abstimmungsfahrten, so wird erzählt, war er so manches Mal schneller als die Mercedes-Werksfahrer, zu denen keine Geringeren als die Herren Fangio, Kling und Moss gehörten. In zahlreichen Fahrten quer durch Europa legte er große Entfernungen zurück. Er demonstrierte damit sehr eindrucksvoll die Zuverlässigkeit und Alltagstauglichkeit dieses hochkarätigen, gut 300 PS (220 kW) starken Rennsportwagens.
Das Uhlenhaut-Coupe war ein technischer Leckerbissen. Der Achtzylindermotor mit 2982 ccm bestand im Prinzip aus zwei Vierzylindern: Neben der Direkteinspritzung hatte er eine weitere Besonderheit: die desmodrische Ventilsteuerung. Dabei wurden die Ventile von einem Nocken geöffnet und einem anderen wieder geschlossen. Ganz ohne Ventilfedern. Um Gewicht zu sparen, hatte der Motorblock keine integrierten Kühlwasserkanäle. Stattdessen wurden dünne Bleche um die Zylinder geschweißt. Das Ergebnis war ein Motorgewicht von 195 kg.
Betrieben wurde der W 196 in der Rennversion mit einem von Esso zugelieferten Spezialgemisch mit der Bezeichnung RD1. Die Zutaten waren, soweit bekannt:
- 45 % Benzol
- 25 % Methanol
- 25 % hochoktaniges Benzin
- 3 % Azeton
Da dieses Gemisch Tank und Kraftstoff-Leitungen angriff, mussten diese nach jedem Einsatz mit „normalem“ Benzin ausgewaschen werden, um Korrosion zu verhindern.
Das Fahrgestell des W 196 bestand – wie damals üblich – im Wesentlichen aus einem Gitterrohrrahmen, dessen einzelne Rohre einen Durchmesser von 20 und 25 mm hatten (Wandstärke 0,8 und 1,0 mm). In diesem Rahmen befanden sich Motor, Kühler, Schaltgetriebe und Achsantrieb, Bremsen sowie Kraftstofftank (bis zu 220 Liter) und Öltank (40 Liter). Die Vorderräder waren an Doppelquerlenkern aufgehängt; hinten war eine Schwingachse bzw. Eingelenkpendelachse mit tief gelegtem Drehpunkt eingebaut. Um den Drehpunkt an die Längsachse des Fahrzeugs zu verlagern und dadurch die Pendelarme zu verlängern, schwingt bei dieser Konstruktion das Achsgehäuse (Differenzialgetriebe) mit.
Der W 196 hatte vorn und hinten längs liegende Drehstabfedern und hydraulische Teleskopstoßdämpfer sowie einen hydraulischen Lenkungsdämpfer. Zur Verringerung der ungefederten Massen lagen die groß dimensionierten Trommelbremsen (Durchmesser vorn 350 mm, hinten 275 mm) innen, bei verkürztem Radstand (1955) vorn auch außen in den Rädern. Auf den Leichtmetallmänteln der Bremstrommeln waren quer zur Laufrichtung Rippen angebracht, die Kühlluft anziehen und Wärme ableiten sollten („Turbokühlung“). Um den Gitterrohrrahmen herum wurde die Karosserie aus Magnesium aufgebaut. So wurde ein Leergewicht von nur 700 kg möglich.
Vom Uhlenhaut-Coupé existieren zwei Fahrzeuge, die sich nur Details, wie z. B. der Farbe der Innenausstattung, rot und blau, unterscheiden. Zu bewundern sind sie im Mercedes Benz Museum. Die Fahrzeuge sind jeweils für 30 Millionen Euro versichert.
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